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Die Kapelle

Man darf ihr nicht zu nahe kommen, das Betreten der Insel ist nur den ortsansässigen Vögeln gestattet. Im Sommer kann man sie aus der Nähe sehen, wenn man leise mit dem Ruderboot um sie herum fährt. Jetzt, im Winter, knirscht man zu Fuß durch den gefrorenen Schnee am See entlang. Sie wirkt dann nicht weniger geheimnisvoll als von weitem, von der Terrasse des Schlosses aus gesehen.

Sie stand da nicht schon immer und echtgotisch ist sie auch nicht, lediglich neu-. Genau genommen ist gar nichts echt an dieser Szenerie: die Inseln ebensowenig wie die Kapelle, die erst Anfang des 19. Jahrhunderts nach Monrepos umgezogen ist. Und leicht hat sie es sicher auch nie gehabt: aufgewachsen nur im Maßstab 1:4 gegenüber dem gotischen Original und dann auch noch eine Bombe 1944.

Aber sie hat Stil. Zu jeder Tages- und in jeder Jahreszeit steht sie stolz und erhaben auf ihrer Insel und tut so, als hätte sie ein Geheimnis, die kleine Kathedrale. Und dieses Geheimnis wird sie auch dann noch hüten, wenn sich unsereins bereits das Gras von unten ansieht. Sie hält uns auf Distanz: gucken ja, aber nicht anfassen!, umrahmt und bewacht von der Natur. Wenn man respektiert, dass hier Enten und Schwäne Herr im Haus sind, wird man geduldet. Und darf ein paar Stunden an diesem Ort verbringen.

Nur nicht zu nahe kommen, sagte ich ja bereits.

2 Antworten auf „Die Kapelle“

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